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EFFI BRIEST · VORARLBERGER LANDESTHEATER 2018Image

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08.04.2018 | Dagmar Ullmann-Bautz

Großartige Inszenierung in zauberhafter Kulisse - „Effi Briest“ am Vorarlberger Landestheater

Dem brillanten Werk von Theodor Fontane wurden sie alle gerecht - Schauspielerinnen wie Schauspieler überzeugten am vergangenen Premierenfreitag vorbehaltlos und die erarbeitete Bühnenfassung und Inszenierung von Ronny Jakubaschk zeigte sich dem Stoff des Literaturklassikers mehr als gewachsen. „Effi Briest“, erschienen 1896, darf sich wohl als einer der ersten großen deutschsprachigen Gesellschaftsromane verstanden wissen und stellt sich auch heute noch sowohl sprachlich wie auch in seiner Kritik der damaligen bürgerlichen Gesellschaft als außergewöhnliches und bemerkenswertes Denkmal deutscher Literaturgeschichte dar. „Effi Briest“ in der Bearbeitung von Ronny Jakubaschk feierte vergangenen Freitag am Vorarlberger Landestheater nicht nur Premiere sondern auch seine Uraufführung.

Jakubaschk hat sich in seiner Fassung eng an das Original gehalten, hat weitgehend die Romandialoge auf die Bühne gebracht. Den über 300 Seiten langen Text auf 150 Minuten Theater einzudampfen, die über 20 Figuren auf 8 zu reduzieren, ist dem Regisseur wunderbar gelungen. Es fehlt nichts, nichts hakt! Die Geschichte wird leichthin und liebevoll erzählt, ist berührend und stellenweise herrlich komisch.

Stimmungsvolles Ganzes

Effi Briest wird als 17-jähriges Mädchen mit dem doppelt so alten Baron Geert von Innstetten verheiratet. Was sich anfangs recht aufregend ausnimmt, entwickelt sich bald zu einem trostlosen, fürchterlich langweiligen Leben. Vernachlässigt von ihrem karrierebewussten Ehemann, erliegt Effi den Umgarnungen des Majors Crampas. Als Innstetten Jahre später von der Affäre erfährt, erschießt er Crampas im Duell und verstößt Effi, seine Frau.

Herausragende Nadine Rosemann

Die Inszenierung präsentiert sich als stimmungsvolles Ganzes, das von einem beeindruckenden Ensemble in einem bezaubernden wie spannenden Bühnenbild umgesetzt und getragen wird. Ganz herausragend agiert Nadine Rosemann als Effi Briest. Sie beeindruckt mit ihrem starken, emotionalen Spiel, jede Gefühlsregung ist ihr ins Gesicht geschrieben, ganz tief lässt sie in die Seele einer jungen Frau blicken, die unter den gesellschaftlichen Zwängen leidet, es nicht schafft ihr eigenes Leben zu leben. In der Rolle des Barons von Innstetten fasziniert Christian Heller mit der Entwicklung vom steifen, selbstzufriedenen Karrieremenschen zum getriebenen hochemotionalen gehörnten Ehemann. Gerhard Brössner und Saskia von Winterfeld gefallen sehr als Eltern von Effi Briest, Gerhard Brössner mit großem Herz und fürsorglicher Liebe und Saskia von Winterfeld mit bestechendem und bissigem Humor. Beide sind in die Jahre gekommen und dem Schicksal mit viel Selbstironie ergeben. Major Crampas wird von Tilman Rose cool und modern gespielt, ebenso das Dienstmädchen Johanna von Bitta Boehlke. Bemerkenswert die großartige Darstellung des Alonzo Gieshübler durch Luzian Hirzel.

Fantasieanregendes Bühnenbild

Anna Sörensen entwarf wunderbare, leicht verspielte Kostüme und baute eine Zirkusmanege auf die Bregenzer Bühne, darüber eine Art Wolkenkuckucksheim mit einer Tür ins Himmelsreich. Ein wirklich zauberhaftes Bild - spannend - das alles zulässt und die Fantasie des interessierten Publikums anregt. Lichttechniker Arndt Rössler spielte gekonnt mit dem Licht, ließ sich auf alle Emotionen ein, während die von Christoph Iacono als eine Art Manegen-Musik konzipierte akustische Begleitung das Stück fortwährend vorantrieb.

Alles in allem ein sehr gelungener Theaterabend, den ich mit Freuden genossen habe.
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Katholisches Kirchenblatt Vorarlberg

08.04.2018 | Veronika Fehle

Am Vorarlberger Landestheater krempelt Regisseur Ronny Jakubaschk Fontanes „Effi Briest" um und lässt aus dem Roman Theater werden.

Eines vorneweg, "Effi Briest" im Vorarlberger Landestheater hat sei­ne Qualitäten - und auch seine Län­gen. Will heißen, dass der The­aterabend im Hause Briest vom Schauspiel lebt. Und da sei besonders Nadine Rosemann in der Titel­rolle erwähnt. Sie nämlich trägt das Stück, flankiert vom prinzipientreu­en Christian Heller als Baron Geert von Innstetten und Tilman Rose als schürzenjagendem Major Crampas. Diesem Trio gegenüber stehen der altersmilde Vater und die tänzeln­ de Mutter Briest (Gerhard Brössner und Saskia von Winterfeld), die bis­sige Gesellschafterin Johanna (Britta Boehlke) und der vermittelnde Apo­theker Gieshübler (Luzian Hirzel). Wenn jetzt bei Literaturkenner/in­nen Fragezeichen aufsteigen, dann ganz zu recht. Ja, Theodor Fonta ­nes "Effi Briest" ist eigentlich ein Roman. Er gilt sogar als Paradebe­ispiel für die Ära des poetischen Rea­lismus. Das heißt aber ja noch lange nicht, dass man sich heute - etwas mehr als 120 Jahre nach dem Er­scheinen des Romans - nicht auch an eine Dialogfassung für die Bühne setzen kann. Genau das hat nämlich Regisseur Ronny Jakubaschk für das Vorarlberger Landestheater getan. So wird aus der Geschichte um die Tochter, die mit einem um Jahre äl­teren, aber gut situierten und standesgemäßen Mann vermählt wird, ein abendfüllendes Bühnenereignis.

Ab in die Manege. Was man Ronny Jakubaschk und Ausstatterin Anna Sörensen zu Gute halten muss, ist, dass es ihnen gelingt nach au­ßen zu spiegeln, was im Inneren der Figuren so vor sich geht. In einem absolut gelungenen, an Magritte er­innernden Setting streckt Effi, die Tochter der Luft - wie sie von ihrer Mutter ob ihres ungestümen We­sens genannt wird - den Kopf in die Wolken und scheitert an Prinzipi­en und Kleinstadtenge. Dabei ent­wickelt sich das ganze Drama in ei­ner Art Zirkusmanege. Die Figuren treten auf, spielen die Rolle, die die Konvention ihnen zuschreibt und treten wieder ab. Wer vom rechten Wege abweicht, wird bestraft. So wie Effi, die sich aus der Lieblosig­keit ihrer Ehe in eine Affäre mit Ma­jor Crampas stürzt, von ihrem Gat­ten - Baron von Innstetten - dafür verstoßen wird, zerbricht und stirbt. Erst jet zt ist allen klar, was sie an­ gerichtet haben - durch durch ihre Prinzipien. Zu spät für Effi.

Alle Achtung. Der Applaus ge­bührt dann vor allem dem überzeu­genden Schauspiel-Ensemble, dem Text Fontanes und dem Mut Ronny Jakubaschks, dem Klassiker für die Bühne ans Leder zu rücken.